Du schnappst dir deine Taschenlampe und bist für einen Moment geblendet, als dir das hellgraue Papier entgegenblitzt. Als sich deine Augen an die Helligkeit gewöhnt haben, erkennst du auf der ersten, etwas schwarz angesengten Seite in der Mitte den Namen „Bob Finneagan“ in Großbuchstaben prangen. Kurz zieht sich dein Magen zusammen, als der wahrscheinlich tote Expeditionsteilnehmer einen Namen bekommt. Der Mann, der diesen Namen geschrieben hat, ist auf dieser Insel gestorben. Du schiebst den Gedanken zur Seite und blätterst ganz vorsichtig weiter. Die Seite knackt leise, aber hält dem Trennungsversuch vom Rest des Notizbuches stand. Du entzifferst mühsam die etwas verschmierte Schrift eines Kugelschreibers:

„Tag 1. Wir sind auf der verfluchten Insel, wie wir sie alle heimlich nennen, angekommen. Fearox will den Namen nicht hören, weil er erst an einen Fluch glaubt, wenn es keine andere Erklärung für die Vorkommnisse gibt. Alles ist voller Vogelkot. Ich war einer der ersten an Land und hab eine grobe Karte der näheren Umgebung angefertigt. Weit bin ich mit dem ersten Landgangsteam nicht gekommen, weil der Wald doch relativ viel von Kapal zurück erobert hat. Aber ein paar Gebäudereste und sogar ein Weg zu einem alten Brunnen konnten wir finden. Der alte Turm ist im erstaunlich gutem Zustand, genau wie einige wenige Ziegelgebäude in der Nähe des ehemaligen Hafens. Morgen soll ein Team einen soliden Steg für das Boot bauen und ein anderes den Urwald ein bisschen zurückdrängen. Ich bin im Team Urwald. Wir werden…“

Du versuchst, die Seite umzublättern, aber die nachfolgenden Seiten sind noch zu feucht und du fürchtest, sie zu zerreißen. Also packst du das Buch sicher in deinen Rucksack und nimmst dir vor, ein anderes Mal weiter zu trocknen. Dann vielleicht doch lieber etwas vorsichtiger. Trotzdem bist du zufrieden, dass du schon etwas lesen konntest. Bob war wohl der Vermesser und Kartograf der Expedition gewesen. Schade, dass du die Karte nicht im Rucksack gefunden hast – die wäre wirklich hilfreich gewesen. Aber auch so hast du schon viele Dinge über Kapal, der ehemaligen Hauptstadt der Insel erfahren.

Völlig erschöpft willst du dich endlich ins Bett begeben, als du zusammenzuckst. Von direkt neben dir schallt dir ein ohrenbetäubendes Geräusch entgegen. Sofort richtest du die Taschenlampe auf die Quelle und siehst, wie ein kleiner Vogel von der leeren Raviolidose wegfliegt. Du atmest erleichtert auf und wirfst die leere Dose in die heiße Glut, damit sich erstmal kein weiterer Schnabel an dem Metall verirrt und deinen Schlaf stört. Noch einmal wallen die Flammen auf und zerfressen die Papierumhüllung der Dose, dann funkelt dir nur noch die rote Glut entgegen. Du beschließt, ins Bett zu gehen.

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Tag 2 Wald