Der weitere Weg durch den Wald ist dir zu ungewiss – schließlich weißt du nicht, ob es überhaupt in nächster Entfernung eine Möglichkeit gibt, den Fluss sicher zu überqueren. Bis er so schmal ist, dass man mit wenigen Schritten die andere Seite erreichen könnte, müsstest du die unwegsame Strecke wahrscheinlich noch viele Kilometer weit landeinwärts überwinden. Du weißt schließlich nicht, ob die Brücken, die es auf der hundert Jahre alten Karte gibt, noch intakt sind. Außerdem wolltest du eigentlich höchstens ein paar Tage auf Kutukan verbringen. Du checkst deine teure Explorer-Uhr und stellst fest, dass du dich dann die nächste Nacht sicher an Bord verschanzen könntest. Also gestehst du dir deine Fehlentscheidung ein und gehst durch den Wald wieder zurück Richtung Boot, was du in dein GPS-Gerät eingespeichert hast. Du findest in dem Dickicht natürlich nicht den gleichen Weg, den du gekommen ist, aber das ist ja auch nicht nötig. Der GPS-Empfang ist schließlich gut und das Meer funkelt durch den hellen Sonnenschein noch immer gut sichtbar durch die Blätter.
Du spürst langsam, wie der unwegsame Wald an deinen Kräften zehrt, aber du bleibst besser nicht für eine Pause stehen, weil du sonst vielleicht doch die Nacht an Land verbringen musst. Dann lieber langsam weitergehen. Schritt für Schritt. Links. Rechts. Links. R… Du erstarrst, als direkt vor dir Knochen auf dem Waldboden liegen. Erschrocken weichst du einen Schritt zurück und siehst auf. Damit verflüchtigt sich auch die letzte Hoffnung, dass ein Tier hier sein Ende gefunden hat. Der halb überwucherte Schädel und die Reste von Kleidungsstücken sind eindeutig menschlichen Ursprungs zuzuordnen. Du schluckst und betrachtest mit wild schlagendem Herzen die Überreste eines Artgenossens. Völlig unnötig siehst du dich nach einer Gefahr um, aber das, was den Menschen umgebracht hat, ist wahrscheinlich schon seit Monaten über alle Berge. Die Vögel um dich herum zwitschern und pfeifen, als ob nichts passiert wäre. Langsam erholst du dich wieder von deinem Schreck.
Es dauert einen Moment, ehe dein Gehirn wieder zu strukturierten Gedankengängen fähig ist, aber immerhin war das das erste Mal, dass du einen Toten gesehen hast – wenn auch nicht mehr als Knochen und Stoff von ihm übrig ist. Anhand der Kleidung ist dir schnell klar, dass das nicht der Prof sein konnte, aber wahrscheinlich auch niemand aus dem letzten Jahrhundert. Also ist das wohl ein Teilnehmer der ersten Expedition der Neuzeit auf Kutukan gewesen. Die war vor etwa einem Jahr zu ihrem abrupten Ende gekommen. Also ist der Tote vielleicht eine Chance, dem Fluch der Insel auf die Spur zu kommen? Andererseits kann man aus Knochen und Stoff auch nicht viel von der Todesursache erkennen – zumindest nicht, wenn man kein Rechtsmediziner ist und kein Hightech-Labor zur Verfügung hat. Und die Vorstellung, in den Stofffetzen eines Toten rumzuwühlen, gruselt dich.
ENTSCHEIDUNG
Du überwindest deinen Ekel und untersuchst die Leiche genauer:
Du lässt den Toten liegen und gehst weiter zum Boot: Weiter zum Boot